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RWTH Aachen bringt 7,5-Tonnern das stromern bei

Optisch kommt der „LiVe 1“ genannte 7,5-Tonner wie ein ganz normaler leichter Lkw daher. Kein Wunder, schließlich entspricht die Karosserie der N-Serie des japanischen Automobilproduzenten Isuzu, die normalerweise als Kraftquelle ein Turbodiesel mit 5,2 Litern Hubraum und einer Leistung von 190 PS (140 kW) nutzt. Nicht so der Li-Ve 1. Akustisch schleicht er auf leisen Sohlen nahezu unhörbar über den Asphalt und verbreitet außerdem nicht einmal einen Hauch schädlicher Abgase. Verantwortlich dafür ist sein Elektromotor mit kraftvollen 6500 Newtonmetern Drehmoment.

Schon in naher Zukunft sollen Lkw mit 7,5 und sogar 18 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht elektrisch unterwegs sein. Wie dies in Produktion und Unterhalt kostengünstig funktionieren kann, will das Forschungsprojekt Li-Ve zeigen: Die Abkürzung steht für die Bandwurm-Bezeichnung „Lebenszykluskostenreduktion im elektrischen Verteilerverkehr durch individuell adaptierbaren Antriebstrang“. Der Lehrstuhl Chair of Production Engineering of E-Mobility Components (PEM) der RWTH Aachen will mit einem Baukastensystem die Kosten senken, die Variantenvielfalt elektrisch betriebener Lkw erhöhen und deren Gestaltungsmöglichkeiten flexibel machen. Kooperationspartner des Projekts sind Isuzu Deutschland, Streetscooter und das Werkzeugmaschinenlabor (WZL) der RWTH Aachen. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit durch das Programm „Erneuerbar Mobil“ gefördert.

Das jetzt vom Lehrstuhl PEM vorgestellte Nutzfahrzeug versteht sich nicht als Prototyp für einen in Kürze zu bestellenden Elektro-Laster. Professor Achim Kampker, Gründer des Lehrstuhls und Mitbegründer der Streetscooter GmbH, die sich inzwischen im Besitz der Deutschen Post befindet, spricht vielmehr von einem „Primotyp“, womit er eine Vorstufe in der Entwicklungsarbeit versteht. Aus ihr sollen in knapp zwei Jahren vier Varianten entstehen, nämlich neben dem 7,5-Tonner ein 18-Tonner ebenfalls mit Elektroantrieb, ein weiterer 18-Tonner mit Wasserstoff-Brennstoffzelle sowie ein 18-Tonner mit Stromabnehmer für Oberleitungen. Ein solches System wird demnächst in mehreren Feldversuchen auf deutschen Autobahnen getestet.

Mit modularer Bauweise besitzt der umtriebige Professor über eine Menge Erfahrung. So steht zum Beispiel die Streetscooter-Variante Work XL auf Basis des Ford Transit, hat ein Nutzvolumen von 20 Kubikmetern und wird mit bei Ford in der Türkei vorproduzierten Fahrgestellen in Köln mit einem elektrischen Antriebsstrang und einem Aufbau ausgestattet. Grundbestandteil des Li-Ve 1 ist neben dem serienmäßigen Isuzu eine elektrisch angetriebene Achse des Nutzfahrzeugzulieferers BPW Bergische Achsen mit Sitz in Wiehl. Ebenfalls von BPW kommt die Leistungselektronik. Auch Nebenaggregate wie Servolenk-, Kühlwasser- und Vakuumpumpe sowie Lüfter wurden elektrifiziert. Sie entsprechen den technischen Anforderungen des Basisfahrzeugs und sorgen für eine sichere Funktionsweise von Antriebs-, Brems-, und Lenksystem.

Vorgestellt wurde der Primotyp in der Anlauffabrik Aachen. Diese bietet in unmittelbarer Nähe des Campus der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Entwicklern, Produzenten und Zulieferern von Elektrofahrzeugen eine professionelle Umgebung, um ihre Ideen in Serie zu bringen. Anders als langwierige traditionelle Entwicklungszyklen bringen sie rasche Ergebnisse hervor, die dann vor Ort getestet und optimiert werden können. Zukünftig will der Lehrstuhl weitere Fahrzeuge auf Basis von Isuzu-Fahrzeugen und dem Antriebsbaukasten von BPW entwickeln. (ampnet/hrr)

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Isuzu N-Serie „LiVe 1“.

Isuzu N-Serie „LiVe 1“.

Foto: Auto-Medienportal.Net/RWTH Aachen

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