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Kommentar: Lade-Schluss-Zeiten

Der Absatz von E-Autos zieht an. Aktuell macht ihr Anteil mehr als zehn Prozent der Neuzulassungen aus und sie haben zeitweise gar den in Misskredit geratenen Diesel überholt. Das ist erstmal gut, denn Diesel-Motoren arbeiten mit einem Wirkungsgrad von gerade mal 30 bis 40 Prozent. Zum Vergleich: Eine Brennstoffzelle erreicht 70 bis 80 Prozent, Elektromotoren gelten als Effizienzmeister, sie schaffen beeindruckende 98 Prozent Wirkungsgrad.

Aber das ist auch schlecht, denn ohne Energie stehen alle Räder still. Daher muss sie in welcher Form auch immer, gespeichert an Bord sein. Hier wiederum spielt die Energiedichte eine Rolle. Ein Kilogramm Diesel hat 42 MJ (11,66 kWh), die gleiche Menge an Wasserstoff bringt es auf 120 MJ (33,33 kWh). Der Strom in einer Lithium-Batterie kommt dagegen zurzeit nur auf etwa 0,5 MJ/kg (1,8 kWh). Ein 50-Liter-Tank fürs Auto kostet rund 150, ein leistungsstarker Akku, der für ähnliche Reichweiten sorgen könnte, viele tausend Euro.

Den Treibstoffbehälter aufzufüllen, dauert an der Zapfsäule einer Tankstelle kaum mehr als zwei Minuten. Um die Batterie zu laden, braucht es dagegen Geduld. Je nach Leistungsfähigkeit der Ladestation vergehen an den ultraschnellen Gleichstromladern im besten Fall 30 Minuten, um eine Kapazität von 80 Prozent zu erreichen. Weniger kräftige Stromsäulen brauchen dann schon mal drei bis vier Stunden. Noch länger dauert es an den sogenannten Wallboxen, die in der heimischen Garage oder Einfahrt montiert werden, um die Batterie des E-Autos mit 11 kW über Nacht wieder auf Vordermann zu bringen. Aber bei ihnen spielt die Ladedauer nur noch eine untergeordnete Rolle, steht der Stromer doch ohnehin zwischen Mitternacht und dem frühen Morgen ungenutzt am oder im Haus. Die Stromkästen kosten zwischen 600 und 1400 Euro, den Mittelwert von 900 Euro hat bislang die KfW unterstützt, deren Geld-Töpfe sind allerdings geleert.

Auch in der Tiefgarage eines Mehrfamilienhauses lassen sich Wallboxen installieren. Doch hier zeigt die Realität schnell, was den Aufbau einer vernünftigen Ladeinfrastruktur behindert. In einer ebensolchen Immobilie im Rhein-Main-Gebiet sollten alle 14 Tiefgaragenplätze mit Wallboxen ausgestattet werden. Der Kostenvoranschlag sah gut aus, doch der lokale Energieversorger stoppte den Vorgang in seinem ursprünglichen Umfang. Das Netz gebe das nicht her, hieß es. Maximal würden nur fünf statt der beantragten 14 Stationen genehmigt. Wie nun mit der Situation umgehen? Welche Mieter oder Eigentümer im Objekt verzichten? Könnte man sich die Anschlüsse teilen, und wer dürfte dann wann laden? Auch wie die Abrechnung vonstattengehen könnte blieb bisher ungeklärt.

Im Grunde bin ich kein erklärter Feind des Elektro-Autos. Auch zu gewissen Zugeständnissen wäre ich bereit, wenn längere Distanzen zurückgelegt werden sollen. Aber wenn die Zahl der batterieelektrischen Fahrzeuge weiter zunimmt, dann reichen auch vier oder sechs kraftvolle Lader auf der Autobahnraststätte nicht, um dem Ansturm Herr zu werden. Denn wenn bei meiner Ankunft alle Anschlüsse belegt sind, warte ich nicht nur während des eigenen Ladevorgangs an der Säule, sondern auch darauf, bis überhaupt eine frei wird. Auch auf die Rangeleien darum, wer als nächster dran ist, wenn mehrere Kunden warten, habe ich keine Lust. Es wird wohl noch eine Menge Kohle verstromt werden, bis nicht nur die Elektromobilität in der Gesellschaft angekommen ist, sondern auch die nötige Infrastruktur. (aum/mk)

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Michael Kirchberger

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Audi e-Tron an einer Ladesäule von Ionity.

Audi e-Tron an einer Ladesäule von Ionity.

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Ladesäule an einer Shell-Tankstelle.

Ladesäule an einer Shell-Tankstelle.

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Ionity-Schnellladesäulen.

Ionity-Schnellladesäulen.

Foto: Auto-Medienporetal/Ionity

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Laden eines Elektroautos.

Laden eines Elektroautos.

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